Mainburg. Mit den entsprechenden Beschlüssen haben die Generalversammlung der Raiffeisenbank Aiglsbach und die Vertreterversammlung der Raiffeisenbank Hallertau in zwei Sitzungen Anfang dieser Woche beschlossen, künftig gemeinsame Wege zu gehen. „Mit der Fusion machen wir einen Schritt in die richtige Richtung für die Zukunftsfähigkeit unserer Bank“, fasste Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Obster die in dieser Woche gefallenen historischen Entscheidungen zusammen.
Seit vielen Jahren gab es immer wieder Gerüchte über eine Liaison zwischen den Genossen in Rudelzhausen und Aiglsbach. Im Laufe des vergangenen Jahres näherten sich die beiden Partner aus Ober- und Niederbayern dann immer weiter an und entschieden sich für eine gemeinsame Zukunft. Ende November gaben die Vorstände in einer gemeinsamen Presseerklärung ihre Pläne offiziell bekannt: Die Fusion soll im ersten Halbjahr 2020 über die Bühne gehen. Das Ziel: Kräfte bündeln und Synergieeffekte nutzen für eine „digitale Beziehungsbank“, die alle Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnologie nutzt und trotzdem nah beim Kunden bleibt.
Corona wirbelt den Zeitplan durcheinander
So weit, so gut - doch dann kam SARS-CoV-2 und wirbelte den ins Auge gefassten Zeitplan für die beabsichtigte Bankenhochzeit ordentlich durcheinander. Die für die notwendigen Versammlungen anvisierten Termine im Mai oder Juni platzten aufgrund der verhängten Ausgangsbeschränkungen. Aufgrund der strengen Shutdown- und Lockdown- Regelungen blieb nichts an anderes übrig, als bei den zuständigen Landratsämtern in Kelheim und Freising Sondergenehmigungen zu erwirken. In dieser Woche war es endlich soweit.
Am Montag marschierten die Niederbayern geschlossen voran. Die Generalversammlung in Aiglsbach stimmte dem Verschmelzungsvertrag zu. Einen Tag später zogen die Oberbayern bei ihrer Vertreterversammlung in Rudelzhausen ebenso einmütig nach. In beiden Fällen fielen die Beschlüsse einstimmig. Nach dem Genossenschaftsrecht wäre eine Dreiviertel-Mehrheit notwendig gewesen. Zu größeren Debatten über die Fusion kam es in keiner der beiden Versammlungen. Lediglich in Rudelzhausen eröffnete ein Vertreter einen Nebenkriegsschauplatz, als er bei der Satzungsänderung Kritik am künftigen juristischen Sitz der Raiffeisenbank Hallertau übte. Am Ende fand Mainburg eine breite Mehrheit, und das Fusionspaket musste nicht noch einmal aufgedröselt werden.
Genossenschaftsbanken mit großer Tradition
Gegründet 1928 ist Aiglsbach der jüngere und kleinere der beiden Partner. Neben der Hauptstelle gibt es eine Filiale in Lindkirchen, einem Ortsteil von Mainburg. Die Fusion mit der dortigen Raiffeisenbank ging im Jahre 1976 über die Bühne. Das Warengeschäft wurde 2011 an einen örtlichen Landhandel verpachtet. Mit einer Bilanzsumme von 78,33 Millionen, elf Mitarbeitern, 888 Mitgliedern und 2564 Kunden mit 2690 Giro-Konten zum Stichtag 31. Dezember 2019 wird das Geldinstitut im Südwesten des Landkreises Kelheim im Ranking des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) auf Platz 796 unter 839 dort gelisteten selbstständigen Genossenschaftsbanken geführt.
1914 in Rudelzhausen gegründet weist die Raiffeisenbank Hallertau nach mehreren Fusionen in den Sechziger- (Au und Abens, Tegernbach, Volkenschwand), Siebziger- (Nandlstadt, Steinbach) und Achtzigerjahren (Horneck) eine Bilanzsumme von aktuell 421,22 Millionen Euro aus. Der BVR listet das Institut auf Platz 478 (hier noch mit einer später nach unten korrigierten Bilanzsumme von 424,79 Millionen Euro, daher wäre eigentlich Platz 480 korrekt; Anm. d. Red.). 6393 Mitglieder sind in der Genossenschaft organisiert. Die 61 Mitarbeiter betreuen 17056 Kunden mit 15810 Giro-Konten.
Identische Geschäftsmodelle
Was die beiden wesensverwandten Banken verbindet, ist ihr absolut identisches Geschäftsmodell: mit Geld aus der Region für die Region; oder: ein traditionelles Bankgeschäft fest verankert in der Heimat und zu ihrem Wohle. Klingt im Umfeld einer globalisierten Wirtschaft und in einer Phase historisch niedriger Zinsen auf den ersten Blick ein wenig konservativ, ist aber absolut erfolgreich, wie die Bilanzen beider Banken in den letzten Jahren beweisen. Trotz aller Schwierigkeiten und alles andere als positiven Rahmenbedingungen für ein traditionelles Bankgeschäft haben beide Kreditinstitute ihre Position am lokalen Markt behauptet und sogar ausgebaut.
Auf ihrem weiteren Weg will die fusionierte „Raiffeisenbank Hallertau“ nach Aussage der Vorstandsetage ihre Stellung weiter stärken. „Mit dieser Fusion wollen wir unsere Strategie fortsetzen“, heißt es. Konkret bedeutet das: sowohl modernes Banking vom Geldautomaten bis zur Handy App, als auch direkter, persönlicher Kontakt bei der Beratung der Kunden in allen Geldangelegenheiten.
Details zur Fusion
Welches Gebilde entsteht mit der Fusion der Raiffeisenbank Hallertau in der Bankenlandschaft der Region? Ein Blick auf die Zahlen in den Bilanzen beider genossenschaftlicher Geldinstitute erlaubt Rückschlüsse. So wird die künftige Bilanzsumme rund 500 Millionen Euro betragen. Damit wird sich das neue Geldinstitut irgendwo um Platz 430 unter den im Ranking des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) mehr als 800 gelisteten Genossenschaftsbanken einreihen.
Das ist nach wie vor ein Platz im Mittelfeld, verschafft dem Geldinstitut aber neue Spielräume für weiteres solides Wachstum. Denn am Geschäftsmodell einer Regionalbank wollen die Verantwortlichen nach eigenem Bekunden nicht rütteln. 2564 Kunden bringt Aiglsbach mit, 17066 Rudelzhausen. Auf den künftig zusammen 18500 Girokonten tauchen 3,9 Millionen Buchungsposten auf. Das Geschäftsgebiet ist mit dem Altlandkreis Mainburg klar abgegrenzt und überlappt sich an den Rändern kaum mit dem ungleich größeren Nachbarn Volksbank
Raiffeisenbank Bayern Mitte in Ingolstadt mit einer Bilanzsumme von 4,35 Milliarden Euro und Platz 36 im BVR-Ranking, in dem vor zwei Jahren die frühere Hallertauer Volksbank aufging. Nachdem einer dieser beiden prägenden Regionsname aus der Liste der deutschen Genossenschaftsbanken verschwunden ist, weist er nun für das neue Gebilde ein Alleinstellungsmerkmal aus.
Mit Aiglsbach und Lindkirchen, die dazukommen, unterhält die fusionierte Raiffeisenbank Hallertau zwölf Filialen mit 14 Geldautomaten. Aktuell gibt es laut Vorstand keine Pläne, Geschäftsstellen zu schließen. Man werde aber die weitere Entwicklung vor allem beim Online-Banking im Verhältnis zu den Schalterkontakten genau im Auge behalten, heißt es. Der juristische Sitz der Genossenschaft wird Mainburg sein. Die Verwaltungszentrale und der Vorstandssitz bleiben jedoch in der Zentrale im vor etwa zehn Jahren erbauten Gebäude in Rudelzhausen.
Das von der fusionierten Raiffeisenbank Hallertau betreute Kundenvolumen beläuft sich auf etwas mehr als eine Milliarde Euro. Das Geldinstitut beschäftigt künftig 72 Mitarbeiter, darunter acht Auszubildende. 61 Beschäftigte kommen aus Rudelzhausen, elf aus Aiglsbach.
Fusionsbedingt kommt es zu keinen Kündigungen, wie der Vorstand versichert. In der Genossenschaftsbank sind knapp 7300 Mitglieder organisiert, etwa 6400 stellen die Oberbayern, beinahe 900 die Niederbayern. Auf Beschluss der Gremien werden die Geschäftsanteile (150 Euro Aiglsbach, 160 Euro Rudelzhausen) mit der Dividendenausschüttung ausgeglichen. Maria Huber aus Aiglsbachhatte hier ein anderes Modell mit der Angleichung aus Rücklagen vorgeschlagen. Darüber wird noch zu reden sein, wenn womöglich im vierten Quartal des Jahres die Entscheidung über die Gewinnverteilung und die Ausschüttung der Dividende fällt.
Natürlich hat die Fusion auch personelle Auswirkungen. Da ist zunächst der künftig neunköpfige Aufsichtsrat, in den die drei Mitglieder aus Aiglsbach eintreten. Auf absehbare Zeit wird das Kontrollgremium sukzessive verkleinert. Mit Andreas Ehrmaier und Florian Maier bildet den Vorstand der ehemalige Raiffeisenbank Hallertau Vorstand, in den Thomas Maier nach Ausscheiden von Herr Andreas Ehrmaier aufrücken wird. Herr Josef Forstner übernimmt die Zweigstellenleitung der Geschäftsstelle Aiglsbach.
Foto und Artikel von Harry Bruckmeier aus der Hallertauer Zeitung vom 25.07.2020